BGH-Urteil zum illegalen Versicherungsvertrieb von Tchibo

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 29.11.2013 (Az.: I ZR 7/13) bestätigt: Der Versicherungsvertrieb der Tchibo Direct GmbH war illegal. Nach über dreieinhalbjährigem Weg durch die Instanzen wurde letztlich das Urteil des OLG Hamburg (Az. 5 U 79/10) bestätigt und der Bundesgerichtshof hat eine Grundsatzfrage des Versicherungsrechts im Sinne der Verbraucher entschieden.

Kläger war der Wettbewerbsverein Wirtschaft im Wettbewerb e.V. (WiW), der von seinen Mitgliedern, dem Brancheninformationsdienst ‚versicherungstip‘ des ‚markt intern‘-Verlages und dem AfW eingeschaltet wurde. Grund der Klage war die Tchibo-Homepage, auf der bis Januar 2011 neben klassischen Versicherungen auch Finanzprodukte per Mausklick offeriert wurden, ohne dass hierfür eine gesetzliche Genehmigung vorlag. Bereits im Januar 2011 hatte Tchibo sich aus dem Vertrieb von Versicherungen zurückgezogen, um sich nach eigenen Angaben auf die Bereiche „Non Food, Kaffee und neue Wachstumsfelder … wie z. B. das neue Energieangebot“ zu konzentrieren.

Entscheidend war im Rechtsstreit die Frage, ob der Kaffeeröster nur als sogenannter Tippgeber zu betrachten und damit von einer Genehmigungspflicht befreit war oder ob eine Versicherungsvermittlung stattfand. Der Bundesgerichtshof bestätigte jetzt die Auffassung des OLG Hamburg, der zufolge die Tchibo-Aktivitäten für einen reinen Tippgeber zu weit gingen, da nicht nur Kontaktdetails weitergegeben, sondern dem Kunden die Möglichkeit zu einem Online-Abschluss für konkrete Produkte offeriert wurden.

′versicherungstip’-Chefredakteur Erwin Hausen kommentiert: „Gefordert sind nun die Aufsichtsbehörden wegen möglicher Sanktions-Prüfungen. Sowohl mit Blick auf die bis zum Rückzug aus dem Vertrieb von Versicherungen im Januar 2011 illegal als Versicherungsvermittler tätige Tchibo als auch mit Blick auf den mit dem illegalen Vermittler zusammenarbeitenden Direktversicherer Asstel. Denn nun muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht mehr „aufgrund der besonderen Konstellation des Falles die Entscheidung des Gerichtes abwarten“, wie seinerzeit die Behörde auf Anfrage des ‚versicherungstip‘ mitteilte.“

WiW-Geschäftsführerin Dr. Viola Huber sieht nicht nur den WiW und seine Mitglieder ‚versicherungstip’ und AfW als Gewinner: „Von diesem Urteil profitieren zum einen die Endverbraucher, da Unternehmen, die Versicherungen vermitteln, nun keine Möglichkeit mehr haben, sich mit Hinweis auf eine ‚Tippgebereigenschaft’ vor einer Police für Vermögensschäden wie auch einem Sachkundenachweis zu drücken. Gleichzeitig trägt die Entscheidung mit Blick auf ordnungsgemäß handelnde Mitbewerber, die sich im Verbraucherinteresse an die umfangreichen gesetzlichen Vorgaben halten, zur Fairness im Wettbewerb bei.“

Rechtsanwalt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW, zeigt sich sehr zufrieden: Der Gesetzgeber hat eindeutig bestimmt, dass die Vermittlung von Versicherungen an klare Vorgaben geknüpft ist: eine Qualifikation des Vermittlers, eine Dokumentation des obligatorischen  Beratungsgesprächs, Informationspflichten, den Abschluss einer Versicherung gegen Vermögensschäden des Kunden und an eine Registrierung. Diese Vorgaben des Gesetzgebers schienen weder die Aufsichtsbehörden noch Tchibo und die Partnerversicherung Asstel für relevant zu halten. Es ist eine gute Nachricht für alle kundenorientiert arbeitenden Versicherungsvermittler und die Verbraucher!“

Besonders engagiert: Die AfW-Fördermitglieder

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